
Mein positiver Geburtsbericht
Wie ging es bei mir also los? Das ist ja meistens die spannendste Frage!
Ich dachte immer, dass ich bestimmt irgendwann nachts leichte Wehen bekomme und dann ganz viel Zeit Zuhause verbringe. Sie mit steigender Intensität veratme und dann irgendwann wenn es gar nicht mehr geht, mit meinem Mann in die Klinik fahre. Die Coronaregelungen waren im Dezember 2021 nämlich so, dass der Mann erst mitkommen darf, wenn der Muttermund schon geöffnet ist. Und ich wollte auf keinen Fall stundenlang alleine im Krankenhaus sein.
Zwei Tage vor dem errechneten Termin wachte ich nachts wie gewöhnlich auf, weil ich mal musste. Alles wie immer, bis ich beim Hose hochziehen merkte: Hä? Meine Unterhose ist nass! Hab ich etwa gepinkelt ohne es zu merken?! Komisch… Ich zog mich also um und legte mich wieder schlafen. Doch morgens beim Aufstehen passierte mir das gleiche nochmal. Ist das etwa doch Fruchtwasser? So ein richtiges Tropfen konnte ich jedenfalls nicht feststellen und war mir total unsicher was das nun Neues ist.
Wir frühstückten erstmal in Ruhe und danach rief ich im Klinikum an. Am Telefon sagte man mir, dass ich auf jeden Fall vorbeikommen soll. Am besten schon mit gepackter Tasche, denn wenn der Fruchtwassertest positiv sei, müsse ich gleich dableiben. Zu dem Zeitpunkt konnte ich mir das absolut nicht vorstellen und hoffte zeitgleich doch, dass es nun endlich losgeht. Die letzten Tage der Schwangerschaft saß ich nämlich irgendwie ziemlich auf heißen Kohlen und wurde von Tag zu Tag ungeduldiger.
Ankommen im Klinikum
Im Klinikum angekommen ging ich alleine rein, während Mo bei eisiger Kälte ums Gebäude spazierte. Dort musste ich in der Schwangerenambulanz eine ganze Weile warten, bis ich drankam. Dann wurde der Test gemacht und ich bekam sofort das Ergebnis: “Ja, das ist Fruchtwasser. Sie bleiben also hier und wenn nach 24 Stunden nichts passiert, werden wir die Geburt einleiten. Das kann bis zu sieben Tage dauern. Haben Sie Ihre Sachen dabei?” Natürlich hatte ich nicht für eine komplette Woche plus Aufenthalt nach der Geburt gepackt, doch Mo würde mir im Fall der Fälle alles Nötige vorbeibringen.
Ich ging also runter und holte meine Tasche aus dem Auto. Dann kam der schwerste Teil: das Verabschieden. Ich hoffte nur, dass Mo mich noch am gleichen Tag nochmal besuchen kommen konnte – zu diesem Zeitpunkt war das für werdende Väter maximal zwei Stunden am Tag erlaubt.
Nach kurzer Wartezeit in der Teeküche kam ich in ein Zweibettzimmer und fühlte mich dort zum Glück sehr wohl. Da dachte ich noch, dass ich nun erstmal gemütlich im Bett liegen und Weihnachtsfilme auf Netflix schauen kann, damit das Warten nicht allzu sehr das Gedankenkarussell anschubst. Doch Pustekuchen! Schon kurz nach meiner Ankunft ging es mit den ersten Untersuchungen los und einem Schwung Papierkram zu einer möglichen Einleitung. Am frühen Abend konnte Mo aber zum Glück kommen und ich konnte ihm alles erzählen.

Der nächste Tag
Als am nächsten Morgen immer noch keine Wehen in Sicht waren, wurde mit der Einleitung begonnen. Ich hatte schon am Tag zuvor nach gründlicher Aufklärung wählen dürfen, mit welcher Methode ich es probieren möchte. Durch meinen Geburtsvorbereitungskurs bei Kareen Dannhauer, deren Bücher ich genau wie ihren Podcast “Hebammensalon” schon in der Schwangerschaft verschlungen habe, wusste ich doppelt gut Bescheid und fühlte mich mit meiner Entscheidung absolut wohl und sicher. Und dann hieß es wieder Warten. Zwischendurch immer mal ein CTG und schließlich Antibiotika, welches routinemäßig bei einem Blasensprung gegeben wird, wenn zu viel Zeit vergeht.
Tagsüber passierte einfach nichts und am Nachmittag kam Mo wieder vorbei und wir quatschten gemütlich in der Teeküche über alles, was so passiert war. Ich sagte ihm auch, dass ich immer wieder ein deutliches Ziehen im Bauch spüre. Zack, waren die zwei Stunden auch schon wieder rum und ich schlich mich mit ihm mit bis zum Innenhof. Ein bisschen frische Luft und ein schwerer Abschied. Ich wollte so sehr, dass es endlich losgeht. Und er auch.
Am Abend schrieb ich Tagebuch und fing an einen weiteren Weihnachtsfilm auf Netflix zu schauen. Doch irgendwie hatte ich trotz sehr platter Handlung keinen Nerv, der Story zu folgen. Außerdem war da dieses immer stärker werdende Ziehen in meinem Unterbauch. Das letzte CTG hatte jedoch keine Wehen angezeigt. Das kam mir schon sehr merkwürdig vor. 4 Stunden später um 22:30 Uhr sollte ich nochmal zum CTG, da würde ich einfach nochmal fragen, ob das wirklich noch keine Wehen sind.
Sind das immer noch keine Wehen?!
Weil das Ziehen aber immer stärker wurde, begann ich nebenbei mit einer App meine “Wehen” zu tracken. Alle 5 Minuten für etwa eine Minute. Klar wunderte ich mich, denn so werden Wehen ja auch immer beschrieben und ich musste schon ein wenig tiefer atmen, wenn wieder eine kam. Doch mein Kopf sagte mir: das ist bloß Wunschdenken. Beim CTG war schließlich gar nichts zu sehen!
Um kurz nach elf bekam ich dann auch erneut die Bestätigung: keine Wehen! Wahnsinn! Wie sollte es dann nur werden, wenn es richtig losgeht?! Ich machte mir ein paar Gedanken, war mir aber dennoch sicher: ich schaffe das! Die Hebamme meinte ich solle mich nochmal hinlegen und versuchen zu schlafen. Kraft für den morgigen Tag sammeln, denn da könnte es ja vielleicht losgehen. Wenn ich aber Schmerzen hätte, solle ich vorbeikommen, dann würde ich etwas dagegen bekommen.
Ich schlappte also zurück in mein Zimmer. Doch weder an einschlafen noch an Film gucken war zu denken. Ich brauchte all meine Konzentration bei mir und meinem Baby. In der Schwangerschaft hatte ich bereits immer mal eine Regenbogenmeditation gemacht, das ist eine bekannte Methode aus dem Hypnobirthing. Ich habe zwar keinen solchen Kurs gemacht, mich aber stellenweise mit der Thematik befasst und für mich herausgepickt, was passt. Ich lauschte also der Meditation während ich auf der Seite lag und ruhig atmete. Da meine Zimmergenossin schon schlief versuchte ich nicht zu laut zu atmen und wechselte immer mal meine Position. Irgendwann ging das Licht an, eine Schwester kam herein um meine Zimmergenossin zu untersuchen. Sie schaute mich an und fragte “Haben Sie Wehen?” Ich nickte nur und nuschelte “aber die im Kreißsaal meinten es dauert noch lange bis es losgeht, ich soll schlafen”. Sie sagte mir auch nochmal, dass ich mir ruhig ein Schmerzmittel abholen soll um wirklich nochmal Kraft zu tanken.

Ich kann so nicht schlafen!
Ich probierte es noch eine ganze Weile so, irgendwie wollte ich mir das Schmerzmittel “aufsparen” – auch wenn das natürlich so nicht funktioniert und das auch nicht bedeuten soll, dass die Einnahme von Schmerzmittel in irgendeiner Art eine Form von Schwäche aufzeigt! Jeder, wirklich jeder nimmt Schmerzen anders wahr! Scheut euch bitte nie, danach zu fragen, wenn ihr das Gefühl habt eines zu brauchen. Um 2:30 Uhr beschloss auch ich, dass es nicht mehr ohne ging, wenn ich tatsächlich nochmal einschlafen wollte. Ich ging also im Schlafanzug rüber zum Kreißsaal. Auf dem Weg blieb ich alle paar Meter stehen um eine “Wehe” zu veratmen. Ich dachte ja immer noch, dass es keine richtigen Wehen sein können, wenn alle sagen, dass es keine sind…
Im Kreißsaal angekommen nahm mich eine super liebe Hebamme in Empfang. Ich sagte ihr, dass ich doch schon recht starke Schmerzen habe und gerne ein Mittel hätte, um nochmal schlafen zu können. Sie erklärte mir, dass sie mir gern etwas geben kann, doch erst wollte sie mich untersuchen. Ich folgte ihr also in einen leeren Kreißsaal und legte mich aufs Kreißbett. Und dann hörte ich auch schon “Hui! Wir sollten deinen Mann anrufen! Dein Muttermund ist schon 6, fast 7cm offen!” Ich schaute sie mit großen Augen an und sagte nur “Was?! Aber das CTG hat doch gar nichts angezeigt!” Dann erklärte sie mir, dass das schonmal passieren kann, sie jedoch auch erstaunt sei, weil ich so tiefenentspannt und klar wirke. Sie rief also schnell meinen Mann an, der sich Zuhause sofort in ein Taxi setzte und sich auf den Weg in die Klinik machte.
Und dann wurde ein Schalter umgelegt
Nur wenig später war er auch schon da. Ich sagte ihm bei seiner Ankunft noch, dass er die kleine Tasche aus meinem Zimmer holen soll. Denn die hatte ich extra für den Kreißsaal gepackt. Duftöl, ein rotes Handtuch fürs Baby, ein langes Shirt für die Geburt und all solche Sachen hatte ich eingepackt. Und kaum war er zur Tür raus legte sich in meinem Kopf ein Schalter um von „Es kann ja noch gar nicht losgehen“ zu „ich bin soweit, mein Kind ist soweit, du darfst jetzt auf die Welt kommen“. Dann driftete ich förmlich in eine andere Welt ab. Ich kann das gar nicht richtig beschreiben und kann mich an diese Zeit auch kaum noch erinnern. Erst als sich in mir ein ganz neues Gefühl bemerkbar machte: Ich sagte zu meiner Hebamme “Oh ich glaub ich muss Pressen, sind das jetzt Presswehen?”
Ja, die waren es dann tatsächlich schon. Die letzte Phase der Geburt war heftig! Meine Beine zitterten, ich dachte ein paar Mal, dass ich es einfach nicht mehr schaffe. Im Geburtsvorbereitungskurs wurde aber genau das angesprochen – es sei völlig normal. Ich sagte sogar laut, dass ich keine Kraft mehr habe, doch meine Hebamme feuerte mich ununterbrochen an. Das man das Baby easypeasy “Herausatmen” kann, was einem in so manchem Hypnobirthingkurs suggeriert wird, hat bei mir zumindest nicht geklappt. Trotzdem hatte ich am Ende doch genau so viel Kraft wie ich brauchte.
Nichtmal zwei Stunden nachdem mein Mann den Kreißsaal betreten hatte, hielten wir schon unsere wunderschöne Tochter in den Armen. Ein magischer Moment – der entgegen meiner Vorstellungen aber leider doch nur kurz anhielt. Es wurde ziemlich hektisch, ich hörte “OP” und eine Ärztin stellte mir viele Fragen, die ich in meinem Zustand kaum beantworten konnte. Die Anästhesistin die dann dazukam, nahm mir zum Glück das Klemmbrett ab, half mir beim Ausfüllen und dann wurde ich auch schon in Windeseile in den OP gerollt. Es sieht wirklich so aus wie in den Filmen! Flackernde Lichter über einem und Köpfe, die sich über das Bett beugen. Da meine Plazenta nicht vollständig herauskam und ich sehr, sehr viel Blut verloren hatte, war diese OP notwendig und ich war froh, dass alles so schnell und problemlos geklappt hat.
In dieser Zeit war mein Mann die ganze Zeit bei unserer Tochter und schon eine Dreiviertelstunde später war ich wieder bei den beiden. Schwach, benommen und müde natürlich… und dieser Zustand sollte auch noch bis ins spätere Wochenbett anhalten, aber einfach richtig glücklich! Es war trotzdem eine wunderschöne Geburt, ein Wahnsinns Erlebnis. Ein neues Leben ist geboren. Nicht nur das unserer Tochter, sondern auch meins.