Vorbei rast die Zeit

Vorbei rast die Zeit

Vorbei rast die Zeit

Ich bin beim Stillen oft am Handy. Auch jetzt gerade. Die Zeit nutze ich um Nachrichten zu beantworten, wichtige Mails zu schreiben und einfach mal zu „daddeln“, also Instagram zu checken und ein paar News zu lesen. Denn wenn meine Tochter wach ist, lege ich das Handy zur Seite. Selbst wenn ich Fotos machen möchte steht die „richtige“ Kamera fast immer in Griffweite und ich mache lieber ein gutes Bild als zehn Schnappschüsse. (Natürlich können die Handys heute super viel, aber für mich persönlich ist es mit der Kamera einfach schöner). Das ist meine Digital Detox Zeit. Dann bin ich wirklich nur im Hier und Jetzt und lasse mich nicht von Textnachrichten oder Social Media ablenken.

Doch beim Stillen wurde der Griff zum Handy schon zum Automatismus. Ich starrte immer aufs Display und hoffte insgeheim sogar manchmal, dass das Stillen noch etwas länger dauert – damit ich auch alle Nachrichten beantworten und nochmal kurz bei Instagram ein paar Stories schauen kann.

Bis ich das Handy mal wieder irgendwo liegen gelassen hatte wo ich nicht drankam. Festgetackert am Sofa.

Nichts in der Nähe. Und dann starrte ich auf diese süßen kleinen Ohren, die beim Nuckeln so süß wackeln, atmete den Babyduft ein und fasste den Beschluss: mindestens(!) einmal am Tag ist auch das Stillen tagsüber frei von Ablenkungen. Dann gibt es nur meine Tochter und mich. Eine intensive Kuscheleinheit. Denn es stimmt was alles immer sagen: sie werden so schnell groß! Und auch die Stillzeit ist nicht unendlich. Ich weiß noch nicht wie lange ich wohl Stillen werde und ob meine Tochter nicht vielleicht auch zu jenen Babys gehört die sich ganz plötzlich selbst abstillen. 

Wenn es soweit ist will ich jedenfalls sagen können: ich habe es genossen und es war eine schöne Zeit. Ich will mich daran erinnern können. An dieses Ohrenwackeln und die Geräusche. An den schönen Duft und die Wärme am Bauch. Als Mama bekomme ich hin und wieder mal einen sentimentalen Schub. Dann kann ich mir im Leben nicht vorstellen irgendwann die nächste Kiste Babyklamotten wegzupacken weil alles zu klein geworden ist oder eben irgendwann nicht mehr zu stillen. Und gleichzeitig ist es gut und natürlich, dass es so kommt. Dann gibt es mindestens genau so viele Momente in denen ich mich riesig auf alles freue, was noch so kommen wird.

All das ist wieder mein größter Reminder den Moment zu genießen.

Das was jetzt gerade passiert. Sich zwar gerne zu erinnern, aber doch nicht zu sehr im Gestern zu hängen. Sich auf morgen freuen ohne allzu große Zukunftspläne zu haben. Meine Träume für die Zukunft sind da und das ist gut so. Aber das Leben, das spielt in diesem Moment. Also lege ich jetzt das Handy wieder mit einem Lächeln zur Seite und atme diesen himmlischen Babyduft ein. Ich bin so unglaublich dankbar Mama sein zu dürfen und das fühle ich jeden Tag ganz tief in meinem Herzen. Das macht mich emotionaler, empathischer, weicher und schenkt mir so viel Liebe, die ich hinaus in die Welt tragen darf.

Von merkwürdigen Ängsten

Von merkwürdigen Ängsten

Von merkwürdigen Ängsten

Als ich 17 war konnte ich es kaum erwarten: endlich den Führerschein machen. Endlich Auto fahren. Wie cool ist das denn bitte? Die erste Fahrstunde war schnell gebucht und ich wollte auf keinen Fall als hoffnungsloser Fall aufkreuzen (bescheuert, oder?) – also bin ich mit meinem großen Bruder als Beifahrer schon vorher mal auf einen Verkehrsübungsplatz gefahren und habe (legal) geübt. Anfahren. Immer und immer wieder. Das Auto meiner Eltern habe ich glaube ich ganz schön gequält, aber ok… danach “konnte” ich es einigermaßen und war einfach nur voller Freude und gespannt, wie die erste Fahrstunde denn so wird.

Es ging in ein abgelegenes Gewerbegebiet. Dort sollte ich zum allerersten Mal anfahren und woooow – das ging mit dem Fahrschulauto einfach soooooo viel leichter, als mit dem meiner Eltern! Mein Fahrlehrer meinte sofort: das machst du nicht zum ersten Mal! Ich war ziemlich stolz und gleichzeitig irgendwie beschämt. Jedenfalls ging es dann auch schon “richtig” auf die Straße. Natürlich auf Strecken, auf denen so gut wie nichts los war. 30er Zonen. Rechts vor links ohne das Gegenverkehr kommt.

Mit jeder Fahrstunde wurde ich sicherer und hatte richtig Spaß am Fahren

Als es einmal auf den großen Feldberg ging, hatte ich das Gefühl der Knoten ist geplatzt: jetzt kann ich’s! Irgendwann bemerkte mein Fahrlehrer in forschem Ton: “Richtig toll wenn das so quietscht, oder?!” Ich hatte bis dahin einfach nicht gecheckt, dass das fiese Quietschen die Reifen vom Fahrschulauto waren… ich drückte etwas verlegen auf die Bremse und mein Fahrlehrer hängte dran: “Ich lass dich jetzt mal machen weil ich dabei bin. Sobald du ohne mich fährst, machst du das nie wieder. Klar?” Upps. Da war mir die Situation irgendwie richtig unangenehm.

Die Fahrstunden vergingen und mein Fahrlehrer sagte immer wieder: “Ich geb dir zwei Tage nach der Prüfung bis du deinen ersten Unfall baust.”

Die Prüfung bestand ich in der Theorie und in der Praxis im ersten Versuch und dann hieß es erstmal “begleitetes Fahren” mit Mama oder Papa, bevor ich mit 18 endlich auch ganz alleine fahren durfte. Ich fuhr gern mal schnell und einen (wie mir heute bewusst ist) “heißen Zahn”. Da bin ich gar nicht stolz drauf und hatte bestimmt auch immer einen Schutzengel an meiner Seite – doch damals hab ich das in meinem jugendlichen, sorglosen Leichtsinn irgendwie gebraucht.

Mein Fahrlehrer sollte nicht recht behalten. Heute, 13 Jahre später (wow, bin ich alt, haha), hatte ich immer noch keinen Unfall. Ok, ich hab mal blöd einen Kratzer in den Rückspiegel gefahren, aber das war im Schneckentempo am Pfosten der Einfahrt bei meinen Eltern. Ansonsten ist nichts passiert. Ich wurde auch noch nie geblitzt und wurde noch nie angehalten. Mittlerweile fahre ich wie eine “alte Lady”, wie ich es selbst gerne nenne. Ich halte mich an die Regeln und lasse mich nicht stressen. Ganz gemütlich ans Ziel kommen eben. Mit guter Musik und guter Laune.

Was hat das jetzt aber mit meinen Ängsten zu tun?

Nach dem Abi ging es für mich als Au Pair in die USA. Gangschaltung? Hat da kaum jemand! Ich fuhr also nur noch Automatik. Als ich zurück nach Deutschland kam, hatten auch meine Eltern ein Automatik Auto. Und schließlich zog ich zum Studieren aus und fuhr sowieso nur noch Öffis. Bis es nach Jahren endlich so weit war: das erste eigene Auto. Mit 29. Ich war so aufgeregt! Die ersten Fahrten hatte ich einfach Sorge, dass ich es direkt zu Schrott fahre. Wo war nur die jugendliche Leichtigkeit hin? Dann wurde ich schwanger und bin eine ganze Zeit lang noch gefahren, doch irgendwann als der Bauch zu groß wurde auch nicht mehr – denn ich kam eh überall wo ich hinwollte zu Fuß oder mit den Öffis hin und ein ÖPNV-Ticket hatte ich sowieso über die Arbeit. Es gab also schlichtweg keinen Grund Auto zu fahren (mein Umweltbewusstsein spielt da meistens auch noch eine große Rolle).

Nun bin ich schon einige Monate Mama und bin vor einigen Tagen das erste Mal wieder gefahren. Und ich spürte etwas Neues: Angst. So richtig. Ich weiß gar nicht genau warum. Vielleicht weil ich nun mein Baby mit an Bord habe? Und deswegen denke, dass ich noch besser fahren muss? Mir macht das Anfahren, das Schalten, das Einparken und vor allem Unvorhersehbare Stresssituationen plötzlich Angst. Amaxophobie heißt das, wie ich jetzt gelernt habe. Es ist gar nicht mal so selten und ganz schön oft trifft es Mamas. Da spielt die neue Lebenssituation und die fehlende Übung oft eine Rolle. Für mich war es vor ein paar Tagen nur eine kurze Strecke und eigentlich habe ich neutral bewertet alles richtig gemacht, also keine Verkehrsregeln gebrochen oder Mist gebaut. Einmal habe ich abgewürgt und das nur, weil das entgegenkommende Auto nicht beachtet hat, dass das Hindernis auf seiner Seite war! Da hab ich mich kurz aufgeregt, abgewürgt und wollte dann noch aus Versehen ohne Gang drin anfahren. Ich hatte nämlich gar nicht auf dem Schirm, dass unser Auto dann von alleine wieder startet und ich den Schlüssel nicht nochmal umdrehen muss… Als dann auch noch drei Autos dicht hinter mir waren, hab ich schnell den Warnblinker angemacht und erstmal alle vorbei gelassen (in einer 30er Zone, also nicht schlimm). Das ich so reagiere, kannte ich gar nicht von mir. 

Klar war ich auch früher schonmal nervös oder auch mal trotzig beim Autofahren – das mich das Ganze dann aber so sehr stresst und in Panik versetzt, hätte ich nicht gedacht.

Solche Situationen spuken dann in meinem Kopf. Tagelang. Total doof. Ich glaube viele kennen das. Wenn mir das jemand von euch erzählen würde – ich würde garantiert sagen, dass das doch gar nicht schlimm ist! Und doch bin ich zu mir selbst so viel härter. Das tut auf Dauer einfach nicht gut. Also will ich mich der Angst (die ich selbst total lächerlich finde, aber sie ist eben da) stellen. Das geht nur durch Übung. Ich werde also üben. Ungeliebte Strecken fahren. Nicht mehr warten, bis der Berufsverkehr vorbei ist. Einfach mitten rein und durch. Und wenn ich mal wieder abwürge: nett lächeln und kurz die Hand heben.

Danke und weiter geht’s. Dann wird das wieder. Stück für Stück zurück zur Unbeschwertheit. Beim Autofahren. Aber auch sonst im Leben. Denn all das ist eine Lektion fürs ganze Leben und nicht nur am Steuer.

Seit ich Mama bin, ist es mit dem Grübeln allerdings auch ein bisschen besser geworden bei mir. Denn ich habe – so doof das jetzt klingt – einfach keine Zeit und keine Kapazitäten dafür. Und wenn mich meine Tochter anlächelt weiß ich sowieso, dass das alles nicht so wichtig ist. Nicht das blinkende Handy auf der Couch, nicht die verpasste Serie, nicht der Typ, der mich angehupt hat, weil ich beim Ausparken abgewürgt habe und einen Moment länger gebraucht habe.

Mein positiver Geburtsbericht

Mein positiver Geburtsbericht

Ich habe lange überlegt ob ich meinen Geburtsbericht veröffentlichen soll. In den Tagen nach der Geburt habe ich nämlich alles ganz genau aufgeschrieben. Noch geflutet von all den Hormonen, als ich noch kaum begreifen konnte, dass ich tatsächlich Mama bin und mein Kind in den Armen halte. Auch mit meinem Mann habe ich in den Tagen und Wochen danach noch richtig oft über die Geburt gesprochen – denn sie war ein absolut prägendes Erlebnis. Aufregend und wunderschön. Und genau deswegen möchte ich auch hier darüber berichten. Denn ich zumindest fand es vor meiner Geburt immer sehr schön, positive und inspirierende Berichte zu lesen.

Wie ging es bei mir also los? Das ist ja meistens die spannendste Frage!

Ich dachte immer, dass ich bestimmt irgendwann nachts leichte Wehen bekomme und dann ganz viel Zeit Zuhause verbringe. Sie mit steigender Intensität veratme und dann irgendwann wenn es gar nicht mehr geht, mit meinem Mann in die Klinik fahre. Die Coronaregelungen waren im Dezember 2021 nämlich so, dass der Mann erst mitkommen darf, wenn der Muttermund schon geöffnet ist. Und ich wollte auf keinen Fall stundenlang alleine im Krankenhaus sein.

Zwei Tage vor dem errechneten Termin wachte ich nachts wie gewöhnlich auf, weil ich mal musste. Alles wie immer, bis ich beim Hose hochziehen merkte: Hä? Meine Unterhose ist nass! Hab ich etwa gepinkelt ohne es zu merken?! Komisch… Ich zog mich also um und legte mich wieder schlafen. Doch morgens beim Aufstehen passierte mir das gleiche nochmal. Ist das etwa doch Fruchtwasser? So ein richtiges Tropfen konnte ich jedenfalls nicht feststellen und war mir total unsicher was das nun Neues ist.

Wir frühstückten erstmal in Ruhe und danach rief ich im Klinikum an. Am Telefon sagte man mir, dass ich auf jeden Fall vorbeikommen soll. Am besten schon mit gepackter Tasche, denn wenn der Fruchtwassertest positiv sei, müsse ich gleich dableiben. Zu dem Zeitpunkt konnte ich mir das absolut nicht vorstellen und hoffte zeitgleich doch, dass es nun endlich losgeht. Die letzten Tage der Schwangerschaft saß ich nämlich irgendwie ziemlich auf heißen Kohlen und wurde von Tag zu Tag ungeduldiger.

Ankommen im Klinikum

Im Klinikum angekommen ging ich alleine rein, während Mo bei eisiger Kälte ums Gebäude spazierte. Dort musste ich in der Schwangerenambulanz eine ganze Weile warten, bis ich drankam. Dann wurde der Test gemacht und ich bekam sofort das Ergebnis: “Ja, das ist Fruchtwasser. Sie bleiben also hier und wenn nach 24 Stunden nichts passiert, werden wir die Geburt einleiten. Das kann bis zu sieben Tage dauern. Haben Sie Ihre Sachen dabei?” Natürlich hatte ich nicht für eine komplette Woche plus Aufenthalt nach der Geburt gepackt, doch Mo würde mir im Fall der Fälle alles Nötige vorbeibringen.

Ich ging also runter und holte meine Tasche aus dem Auto. Dann kam der schwerste Teil: das Verabschieden. Ich hoffte nur, dass Mo mich noch am gleichen Tag nochmal besuchen kommen konnte – zu diesem Zeitpunkt war das für werdende Väter maximal zwei Stunden am Tag erlaubt.

Nach kurzer Wartezeit in der Teeküche kam ich in ein Zweibettzimmer und fühlte mich dort zum Glück sehr wohl. Da dachte ich noch, dass ich nun erstmal gemütlich im Bett liegen und Weihnachtsfilme auf Netflix schauen kann, damit das Warten nicht allzu sehr das Gedankenkarussell anschubst. Doch Pustekuchen! Schon kurz nach meiner Ankunft ging es mit den ersten Untersuchungen los und einem Schwung Papierkram zu einer möglichen Einleitung. Am frühen Abend konnte Mo aber zum Glück kommen und ich konnte ihm alles erzählen.

Der nächste Tag

Als am nächsten Morgen immer noch keine Wehen in Sicht waren, wurde mit der Einleitung begonnen. Ich hatte schon am Tag zuvor nach gründlicher Aufklärung wählen dürfen, mit welcher Methode ich es probieren möchte. Durch meinen Geburtsvorbereitungskurs bei Kareen Dannhauer, deren Bücher ich genau wie ihren Podcast “Hebammensalon” schon in der Schwangerschaft verschlungen habe, wusste ich doppelt gut Bescheid und fühlte mich mit meiner Entscheidung absolut wohl und sicher. Und dann hieß es wieder Warten. Zwischendurch immer mal ein CTG und schließlich Antibiotika, welches routinemäßig bei einem Blasensprung gegeben wird, wenn zu viel Zeit vergeht.

Tagsüber passierte einfach nichts und am Nachmittag kam Mo wieder vorbei und wir quatschten gemütlich in der Teeküche über alles, was so passiert war. Ich sagte ihm auch, dass ich immer wieder ein deutliches Ziehen im Bauch spüre. Zack, waren die zwei Stunden auch schon wieder rum und ich schlich mich mit ihm mit bis zum Innenhof. Ein bisschen frische Luft und ein schwerer Abschied. Ich wollte so sehr, dass es endlich losgeht. Und er auch.

Am Abend schrieb ich Tagebuch und fing an einen weiteren Weihnachtsfilm auf Netflix zu schauen. Doch irgendwie hatte ich trotz sehr platter Handlung keinen Nerv, der Story zu folgen. Außerdem war da dieses immer stärker werdende Ziehen in meinem Unterbauch. Das letzte CTG hatte jedoch keine Wehen angezeigt. Das kam mir schon sehr merkwürdig vor. 4 Stunden später um 22:30 Uhr sollte ich nochmal zum CTG, da würde ich einfach nochmal fragen, ob das wirklich noch keine Wehen sind.

Sind das immer noch keine Wehen?!

Weil das Ziehen aber immer stärker wurde, begann ich nebenbei mit einer App meine “Wehen” zu tracken. Alle 5 Minuten für etwa eine Minute. Klar wunderte ich mich, denn so werden Wehen ja auch immer beschrieben und ich musste schon ein wenig tiefer atmen, wenn wieder eine kam. Doch mein Kopf sagte mir: das ist bloß Wunschdenken. Beim CTG war schließlich gar nichts zu sehen!

Um kurz nach elf bekam ich dann auch erneut die Bestätigung: keine Wehen! Wahnsinn! Wie sollte es dann nur werden, wenn es richtig losgeht?! Ich machte mir ein paar Gedanken, war mir aber dennoch sicher: ich schaffe das! Die Hebamme meinte ich solle mich nochmal hinlegen und versuchen zu schlafen. Kraft für den morgigen Tag sammeln, denn da könnte es ja vielleicht losgehen. Wenn ich aber Schmerzen hätte, solle ich vorbeikommen, dann würde ich etwas dagegen bekommen.

Ich schlappte also zurück in mein Zimmer. Doch weder an einschlafen noch an Film gucken war zu denken. Ich brauchte all meine Konzentration bei mir und meinem Baby. In der Schwangerschaft hatte ich bereits immer mal eine Regenbogenmeditation gemacht, das ist eine bekannte Methode aus dem Hypnobirthing. Ich habe zwar keinen solchen Kurs gemacht, mich aber stellenweise mit der Thematik befasst und für mich herausgepickt, was passt. Ich lauschte also der Meditation während ich auf der Seite lag und ruhig atmete. Da meine Zimmergenossin schon schlief versuchte ich nicht zu laut zu atmen und wechselte immer mal meine Position. Irgendwann ging das Licht an, eine Schwester kam herein um meine Zimmergenossin zu untersuchen. Sie schaute mich an und fragte “Haben Sie Wehen?” Ich nickte nur und nuschelte “aber die im Kreißsaal meinten es dauert noch lange bis es losgeht, ich soll schlafen”. Sie sagte mir auch nochmal, dass ich mir ruhig ein Schmerzmittel abholen soll um wirklich nochmal Kraft zu tanken.

Ich kann so nicht schlafen! 

Ich probierte es noch eine ganze Weile so, irgendwie wollte ich mir das Schmerzmittel “aufsparen” – auch wenn das natürlich so nicht funktioniert und das auch nicht bedeuten soll, dass die Einnahme von Schmerzmittel in irgendeiner Art eine Form von Schwäche aufzeigt! Jeder, wirklich jeder nimmt Schmerzen anders wahr! Scheut euch bitte nie, danach zu fragen, wenn ihr das Gefühl habt eines zu brauchen. Um 2:30 Uhr beschloss auch ich, dass es nicht mehr ohne ging, wenn ich tatsächlich nochmal einschlafen wollte. Ich ging also im Schlafanzug rüber zum Kreißsaal. Auf dem Weg blieb ich alle paar Meter stehen um eine “Wehe” zu veratmen. Ich dachte ja immer noch, dass es keine richtigen Wehen sein können, wenn alle sagen, dass es keine sind…

Im Kreißsaal angekommen nahm mich eine super liebe Hebamme in Empfang. Ich sagte ihr, dass ich doch schon recht starke Schmerzen habe und gerne ein Mittel hätte, um nochmal schlafen zu können. Sie erklärte mir, dass sie mir gern etwas geben kann, doch erst wollte sie mich untersuchen. Ich folgte ihr also in einen leeren Kreißsaal und legte mich aufs Kreißbett. Und dann hörte ich auch schon “Hui! Wir sollten deinen Mann anrufen! Dein Muttermund ist schon 6, fast 7cm offen!” Ich schaute sie mit großen Augen an und sagte nur “Was?! Aber das CTG hat doch gar nichts angezeigt!” Dann erklärte sie mir, dass das schonmal passieren kann, sie jedoch auch erstaunt sei, weil ich so tiefenentspannt und klar wirke. Sie rief also schnell meinen Mann an, der sich Zuhause sofort in ein Taxi setzte und sich auf den Weg in die Klinik machte.

Und dann wurde ein Schalter umgelegt

Nur wenig später war er auch schon da. Ich sagte ihm bei seiner Ankunft noch, dass er die kleine Tasche aus meinem Zimmer holen soll. Denn die hatte ich extra für den Kreißsaal gepackt. Duftöl, ein rotes Handtuch fürs Baby, ein langes Shirt für die Geburt und all solche Sachen hatte ich eingepackt. Und kaum war er zur Tür raus legte sich in meinem Kopf ein Schalter um von „Es kann ja noch gar nicht losgehen“ zu „ich bin soweit, mein Kind ist soweit, du darfst jetzt auf die Welt kommen“. Dann driftete ich förmlich in eine andere Welt ab. Ich kann das gar nicht richtig beschreiben und kann mich an diese Zeit auch kaum noch erinnern. Erst als sich in mir ein ganz neues Gefühl bemerkbar machte: Ich sagte zu meiner Hebamme “Oh ich glaub ich muss Pressen, sind das jetzt Presswehen?”

Ja, die waren es dann tatsächlich schon. Die letzte Phase der Geburt war heftig! Meine Beine zitterten, ich dachte ein paar Mal, dass ich es einfach nicht mehr schaffe. Im Geburtsvorbereitungskurs wurde aber genau das angesprochen – es sei völlig normal. Ich sagte sogar laut, dass ich keine Kraft mehr habe, doch meine Hebamme feuerte mich ununterbrochen an. Das man das Baby easypeasy “Herausatmen” kann, was einem in so manchem Hypnobirthingkurs suggeriert wird, hat bei mir zumindest nicht geklappt. Trotzdem hatte ich am Ende doch genau so viel Kraft wie ich brauchte. 

Nichtmal zwei Stunden nachdem mein Mann den Kreißsaal betreten hatte, hielten wir schon unsere wunderschöne Tochter in den Armen. Ein magischer Moment – der entgegen meiner Vorstellungen aber leider doch nur kurz anhielt. Es wurde ziemlich hektisch, ich hörte “OP” und eine Ärztin stellte mir viele Fragen, die ich in meinem Zustand kaum beantworten konnte. Die Anästhesistin die dann dazukam, nahm mir zum Glück das Klemmbrett ab, half mir beim Ausfüllen und dann wurde ich auch schon in Windeseile in den OP gerollt. Es sieht wirklich so aus wie in den Filmen! Flackernde Lichter über einem und Köpfe, die sich über das Bett beugen. Da meine Plazenta nicht vollständig herauskam und ich sehr, sehr viel Blut verloren hatte, war diese OP notwendig und ich war froh, dass alles so schnell und problemlos geklappt hat.

In dieser Zeit war mein Mann die ganze Zeit bei unserer Tochter und schon eine Dreiviertelstunde später war ich wieder bei den beiden. Schwach, benommen und müde natürlich… und dieser Zustand sollte auch noch bis ins spätere Wochenbett anhalten, aber einfach richtig glücklich! Es war trotzdem eine wunderschöne Geburt, ein Wahnsinns Erlebnis. Ein neues Leben ist geboren. Nicht nur das unserer Tochter, sondern auch meins.